Seit Wochen steigen die Kapitalmarktzinsen in den USA und in Europa. Hat noch im Sommer die Angst vor einem erneuten Rückfall der USA in die Rezession die langfristigen Zinsen auf historische Tiefstände gedrückt, so ist der Stimmungsumschwung seit September doch sehr beachtlich. Zu diesem Zeitpunkt hatte die US-Notenbank angekündigt, dass sie alles dafür tun würde, um das Schreckgespenst der Deflation abzuwenden. Tiefe Leitzinsen, riesige Aufkaufprogramme für US-Staatsanleihen und dazu noch Steuersenkungsprogramme sollten die US-Wirtschaft endgültig auf einen Wachstumskurs zurückführen.
Die Marktteilnehmer haben diese Ankündigung klar verstanden. Die US-Notenbank wird erst ruhen, wenn sie Inflation erzeugt hat. Seit diesem Zeitpunkt scheint es nur noch einen Käufer für US-Staatsanleihen zu geben: die US-Notenbank. Alle anderen scheinen, aus Furcht vor großen Wertverlusten ihre Bestände abzubauen. Das setzt die Kurse von Anleihen unter Druck. Zusätzlich kommen steigende Zweifel an der Kreditqualität der USA, sollten die riesigen Budgetdefizite der Regierung Obama nicht zu Wachstum führen. Dies wäre für einen späteren Konsolidierungskurs aber dringend notwendig.
Steigende Zinsen in den USA setzen aber auch die Zinsen in Europa unter Druck. Dazu kommt in Euroland noch die intensive Diskussion über die mittelfristige Finanzierung der Staatsdefizite und die Lastenverteilung. Eine Verwässerung der Bonität Deutschlands ist wahrscheinlich kaum aufzuhalten, will Deutschland nicht als der unsolidarische Zerstörer der Gemeinschaftswährung gelten. Nach dem alten Motto "am Ende hat nicht der Schuldner, sondern der Gläubiger das größere Problem" wird Deutschland kräftig zur Kasse gebeten werden. Wer sagt uns denn, dass Irland in sechs Monaten unter einer neuen Regierung das Rettungspaket nicht aufkündigt oder zu Lasten der Gläubiger neu verhandelt? Vor diesem unsicheren Hintergrund steigen bei deutschen Bundesanleihen die Risikoaufschläge inzwischen auch für lange Laufzeiten.
Die Schuldenkrise frisst sich also immer mehr in den Kern vor und die Notenbanken verlieren zunehmend die Kontrolle über die Entwicklung der langfristigen Zinsen - selbst wenn sie die Geldmarktzinsen tief halten. Wir gehen daher davon aus, dass wir die Tiefstände am Zinsmarkt gesehen haben und sich in den nächsten Monaten immer mehr ein Aufwärtstrend etablieren wird. Tage mit sinkenden Renditen sollten daher als Korrektur im neuen Trend gesehen und auf jeden Fall für die Absicherung der Konditionen genutzt werden.
Vor dem Hintergrund steigender Marktzinsen reagieren viele unserer Partnerbanken mit zum Teil sehr kräftigen Anhebungen der Konditionen. Trotzdem: Im langjährigen Vergleich sind die Baugeldzinsen immer noch extrem günstig. Auf sinkende Zinsen zu spekulieren, halten wir angesichts der oben beschriebenen Entwicklungen für Immobilienkäufer und für Anschlussfinanzierer für gefährlich. Immobilienkunden, die bei ihrer Finanzierung in Zeithorizonten von 20 bis 30 Jahren denken müssen, sollten konsequent handeln. Diese Periode heute zu historisch tiefen Zinssätzen abzusichern, kann kein Fehler sein.
Wir empfehlen, zumindest einen großen Teil der Finanzierungssumme über lange Sollzinsbindungen festzuschreiben und damit für Kalkulationssicherheit zu sorgen. Grundsätzlich ist bei diesem niedrigen Zinsniveau eine Tilgung von 2% bis 3% ratsam, damit die Gesamtlaufzeit des Darlehens überschaubar bleibt. Gefragt sind aus diesem Grund derzeit auch sogenannte Volltilger-Darlehen. Dabei steht über eine höhere laufende Tilgung heute schon eine Rate fest, die nach 20 oder 25 Jahren zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens führt. Das Risiko, später zu deutlich höheren Zinsen eine Anschlussfinanzierung vornehmen zu müssen, wird damit schon heute ausgeschlossen.
Kurzfristige Tendenz der Zinsentwicklung: aufwärts Mittelfristige Tendenz der Zinsentwicklung: aufwärts
(Quelle: Interhyp, Zinskommentar von Robert Haselsteiner)
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